Geschichte der Eisenbahn in Baden-Württemberg


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Die geschichtliche Entwicklung Baden-Württembergs vom 19. bis ins 21. Jahrhundert

Das Gebiet des heutigen Bundeslandes Baden-Württemberg war zu Beginn des Eisenbahnzeitalters (abgesehen von einigen Ex- und Enklaven sowie Kondominaten) in vier Staatsgebiete aufgeteilt: das Königreich Württemberg, das Großherzogtum Baden sowie die beiden Fürstentümer Hohenzollern-Sigmaringen und Hohenzollern-Hechingen. Die beiden letzteren gingen 1850 als Württemberg-Hohenzollern an Preußen, seither findet man die Preußen nicht nur nördlich des Mains, sondern sogar auch südlich der Donau. Trotz der Niederlage im Deutsch-Deutschen Krieg 1866 konnten sowohl Württemberg als auch Baden ihre territoriale Souveränität und Integrität bewahren. Durch die Annektierung Elsaß-Lothringens nach dem Deutsch-Französischen Krieg kam insbesondere auf Baden die Anforderung zu, das neue Reichsgebiet verkehrstechnisch an den Rest des Deutschen Reichs anzuschließen. Baden musste zudem sein Post- und Telegrafenwesen, das bis dato gemeinsam mit der Eisenbahn verwaltet wurde, an die Reichspost abgeben, durfte seine Eisenbahn aber weiterhin selbstständig verwalten. Das Königreich Württemberg konnte sich dagegen weitergehende Reservatrechte sichern, Post, Telegrafenwesen und Eisenbahn blieben in württembergischer Hand.

Nach dem Ersten Weltkrieg ging das Großherzogtum Baden in der Republik Baden auf, das Königreich Württemberg im Volksstaat Württemberg, Württemberg-Hohenzollern blieb preußischer Regierungsbezirk. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden die demokratisch gewählten Regierungen durch Reichstatthalter und Gauleiter ersetzt, die territoriale Gliederung blieb aber im Grundsatz erhalten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebiet Baden-Württembergs zwischen den USA und Frankreich aufgeteilt. Unter französische Besatzung kamen alle Kreise südlich der A8 (exklusive aller Kreise, durch die die A8 führte), der Rest fiel unter amerikanische Besatzung. In der amerikanischen Besatzungszone wurde das Land Württemberg-Baden gebildet, in der französischen Besatzungszone wurden zwei Länder gebildet: Baden (bis 1946 Südbaden), das alle Gebiete der ehemaligen Republik Baden unter französischer Besatzung zusammenfasste, sowie Württemberg-Hohenzollern, das alle Gebiete des ehemaligen Volksstaates Württemberg sowie des ehemaligen preußischen Regierungsbezirkes Hohenzollern umfasste (zwischenzeitlich gehörte auch der Kreis Lindau dazu). Alle drei Länder wurden 1949 Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland. Nach einer Volksabstimmung (bei der es nur in Baden/Südbaden ein ablehnendes Votum gab), gingen alle drei Länder am 25. April 1952 im Bundesland Baden-Württemberg auf.

 

1840 - 1855: Das Eisenbahnzeitalter beginnt mit dem Bau der Stammbahnen

Zu Beginn des Eisenbahnzeitalters waren sowohl Baden als auch Württemberg sehr stark landwirtschaftlich geprägt, Industrie und Fabriken gab es aufgrund des Mangels an Rohstoffen wie Kohle und Eisen kaum. Baden hatte durch das Rheintal immerhin Teil am Nord-Süd-Handel, Württemberg dagegen litt an seiner geographischen Lage (viele Mittelgebirge, kaum schiffbare Wasserwege), die vorherrschende Realerbteilung führte bis weit ins 19. Jahrhundert zu Hungersnöten und Auswanderungswellen (Teile meiner Vorfahren wanderten noch Anfang des 20. Jahrhunderts von der Schwäbischen Alb nach Amerika aus). Somit fehlten in beiden Ländern die Treiber und das Kapital für den Bau von Eisenbahnen. Erst als es in Frankreich Pläne zum Bau einer Eisenbahnlinie im Elsass entlang des Rheins gab, fürchtete Baden die Verlagerung von Verkehrsströmen von der rechten auf die linke Rheinseite. So wurden 1837 Gesetze zum Bau einer staatlichen Eisenbahnlinie von Mannheim über Heidelberg bis zur Schweizer Grenze bei Basel sowie einer Stichbahn nach Baden-Baden erlassen. Der Bau der Eisenbahn fiel unter die Verantwortung des Innenministeriums, der Betrieb hingegen verantwortete das Außenministerium als Teil der Oberpostdirektion. Erst 1872 nach der Abgabe der Postrechte an das Deutsche Kaiserreich gingen die Verantwortung für Bau und Betrieb von Eisenbahnen in Baden an die neu gegründeten Großherzoglich Badischen Staatseisenbahnen über. Am 12. September 1840 wurde der erste Streckenabschnitt von Mannheim nach Heidelberg in Betrieb genommen als deutschlandweit zweite Staatsbahnstrecke nach der braunschweigischen Strecke Braunschweig – Bad Harzburg. Am 10. April 1843 erreichten die Gleise Karlsruhe, am 1. August 1845 schließlich Freiburg. Der Weiterbau Richtung Basel verzögerte sich aus drei Gründen: bis Freiburg konnte die Strecke problemlos durch das flache und breite Oberrheintal geführt werden, südlich von Freiburg verengt sich aber die rechte Rheinseite am Isteiner Klotz, was den ersten Eisenbahntunnels Badens erforderte. Zudem mussten die Bauarbeiten im Rahmen der Deutschen Revolution 1848/49, die in Baden besonders ausgeprägt war, unterbrochen werden. Da im Rheinknie bei Basel die rechtsrheinischen Gebiete Schweizer Hoheitsgebiet waren (und sind), musste zunächst ein komplizierter Staatsvertrag mit der Schweiz zur Fortführung der Strecke verhandelt werden, da eine Staatsbahnstrecke über ausländisches Territorium geführt werden musste. Der Vertragsabschluss gelang erst am 27. Juli 1852, am 20. Februar 1855 konnten die Züge schließlich bis zum Bahnhof „Basel Badischer Bahnhof“ auf Schweizer Gebiet fahren.

So wie die Badener durch den geplanten Eisenbahnbau im Elsass unter Druck gesetzt wurden, versetzte der badische Bahnbau auch das Königreich Württemberg unter Zugzwang. Da auch im benachbarten Bayern die ersten Bahnstrecken entstanden, wollte sich Württemberg sein Stück vom Kuchen abschneiden und hoffte insbesondere auf Transitverkehre. Damit unterschied sich Württemberg von Anfang an von anderen Ländern, die zunächst peinlich darauf bedacht waren, die Verkehrsströme um jeden Preis im eigenen Land zu behalten. Hierzu wurde 18. April 1843 ein entsprechendes Eisenbahngesetz erlassen, das den Bau einer Nordbahn (Cannstatt-Heilbronn), einer Ost/Centralbahn (Cannstatt-Ulm), einer Südbahn (Ulm-Friedrichshafen) sowie einer Westbahn (Egolsheim-Bruchsal/Pforzheim) vorsah. Wie in Baden sollten die Eisenbahnstrecken vom Staat finanziert, gebaut und betrieben werden, allerdings wurden im Gegensatz zu Baden am 18. April 1843 direkt die Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen gegründet. Während der Bau von Nord- und Südbahn geographisch noch relativ einfach möglich war, musste die Ost/Centralbahn den Höhenzug der Schwäbischen Alb überwinden. Hierzu gab es zwei Varianten: die geographisch einfacher zu bauende Remsbahn durch das Neckar-, Rems- und Brenztal, die allerdings einen erheblichen Umweg bedeutete und kurz vor Ulm über bayrisches Gebiet hätte führen müssen, sowie die direkte Filsbahn, die allerdings einen steilen Aufstieg hinauf auf die Schwäbische Alb bei Geislingen bedeutete. Zudem musste die Lage des Zentralbahnhofes festgelegt werden. Auch hier gab es zwei Varianten: die geographisch einfache Lösung mit einem Durchgangsbahnhof in Cannstatt, sowie die komplizierte Lösung mit einem Kopfbahnhof in Stuttgart, die den Bau von zwei Tunneln (Rosenstein- und Pragtunnel) erforderte. Man entschied sich schließlich für Filsbahn und Kopfbahnhof Stuttgart. Beide Entscheidungen prägen bis heute weite Teile des Zugverkehrs in Baden-Württemberg, erst Stuttgart 21 und die SFS Stuttgart-Ulm wird dies (vielleicht?) (irgendwann?) ändern. Das erste kurze Teilstück Cannstatt-Untertürkheim ging am 22. Oktober 1845 in Betrieb, knapp ein Jahr später war auch der Abschnitt Stuttgart-Cannstatt in Betrieb, in Richtung Ulm führten die Gleise 1846 bis Plochingen, Richtung Heilbronn bis Ludwigsburg. Im Folgejahr wurde die Nordbahn bis Bietigheim-Bissingen verlängert und die Ost/Centralbahn bis Süßen, zudem wurde auf der Südbahn der erste Abschnitt Friedrichshafen-Ravensburg eröffnet. Wie in Baden wurde der Weiterbau durch die Revolution verzögert, zudem musste man eine Entscheidung treffen, wie man den Albaufstieg bei Geislingen realisiert: als flach trassierte Bahn mit Ausfahrung des oberen Filstals samt aufwendigen Kunstbauten (u.a. einer großen Talbrücke bei Wiesensteig) oder als schiefe Ebene mit Seilantrieb. Der verantwortliche Oberbaurat Karl Etzel entschied sich für eine dritte Variante: eine fast direkte Strecke mit Steigungen, die einen Adhäsionsbetrieb mit Dampflokomotiven erlaubte, die berühmte „Geislinger Steige“. Am 25. Juli 1848 war die Nordbahn mit dem Anschluss an den wichtigen Hafen Heilbronn (ab hier neckarabwärts war der Neckar schiffbar) fertig, der Lückenschluss zwischen Geislingen (das bereits am 14. Juni 1849 aus Richtung Süßen erreicht wurde) und Ulm (das bereits am 01. Juni 1850 aus Richtung Ravensburg erreicht wurde) erfolgte schließlich am 29. Juni 1850. Damit hatte auch Württemberg seine Stammbahn und zusätzlich das „Rennen zum Bodensee“ vor Bayern und Baden gewonnen.

Noch während des Baus der jeweiligen Stammstrecken wurden die Eisenbahnnetze in Baden und Württemberg mit anderen Eisenbahnnetzen verbunden. Den Anfang machte die Main-Neckar-Bahn, die seit dem 1. August 1846 Mannheim und Heidelberg mit Darmstadt und Frankfurt verband. Nachdem ein privates Konsortium zunächst scheiterte, wurde die Bahn als Kondominalbahn der Länder Baden, Hessen-Darmstadt und Frankfurt gebaut. Um keine der beiden Städte zu benachteiligen, wurde die die Strecke nach Friedrichsfeld geführt, von dort gab es dann Zweigstrecken nach Mannheim und Heidelberg. Anschlüsse an ausländische Bahnen in der Schweiz und Frankreich kamen zunächst nicht zustande. Zwar wurde 1844 bereits eine Stichstrecke von Appenweier nach Kehl eröffnet, der Sprung über den Rhein nach Strasbourg wurde dann allerdings erst 1861 realisiert. Württemberg konnte seine Stammbahn 1854 in Ulm mit der bayrischen Eisenbahn verknüpfen, zudem suchte man dringend den Anschluss an das badische Eisenbahnnetz. Während Württemberg sich einen möglichst weit im Norden liegenden Anschluss wünschte, um den Verkehr Richtung Süden möglichst früh auf das württembergische Netz zu leiten, hatte Baden natürlich das genau gegenteilige Interesse, zudem wünschte Baden den Bau in Breitspur (1.600mm), da alle badischen Bahnen bis dato in Breitspur gebaut wurden. Als Kompromiss durfte Württemberg einen nördlichen Anschluss in Normalspur nach Bruchsal realisieren, musste aber auch den auf badischem Gebiet liegenden Streckenabschnitt selbst bauen und betreiben, erst 1879 ging der badische Streckenteil an die Großherzoglich Badischen Staatseisenbahnen. Am 1. Oktober 1853 waren dann das badische und das württembergische Netz miteinander verbunden. Nachdem alle umgebenden Bahnen in Normalspur gebaut wurden, hatte Baden ein Einsehen und spurte 1854/55 sein gesamtes bis dato bestehendes Netz von Breitspur auf Normalspur um.

Bis 1855 war der Bau der Stammbahnen in Baden und Württemberg damit abgeschlossen, man konnte mit der Bahn bereits von München und Basel bis nach Frankfurt (und von dort bis nach Kassel und Thüringen) gelangen. Insbesondere Württemberg konnte seinen Plan einer Transitbahn realisieren. Die badischen Bahnen hatten eine Streckenlänge von ca. 327km, das württembergische Streckennetz hatte eine Länge von ca. 330km (inkl. dem Abschnitt nach Bruchsal auf badischem Gebiet). Die beiden (kleinen) Fürstentümer Hohenzollern hatte bis dato keine Eisenbahn auf ihrem Territorium. Alle gebauten Strecken sind heute noch in Betrieb (sieht man von kleinen Abschnitten aufgrund von Bahnhofsverlegungen sowie der Stichstrecke Baden-Oos – Baden-Baden ab) und gehören teilweise zu den wichtigsten Bahnstrecken Deutschlands.

 

1855 - 1875: Der erste Eisenbahnboom erschließt das Land mit der Eisenbahn

Entwicklung der Staatsbahn in Baden

Nachdem bis 1855 die Stammbahnen gebaut waren, trat zunächst eine etwas ruhigere Phase des Eisenbahnbaus ein. Der Bau auf Staatskosten hatte die Haushalte der beiden Staaten massiv belastet. Die gebauten Bahnen waren aber allesamt ein voller wirtschaftlicher Erfolg und spätestens Mitte der 1860er-Jahre ging der Ausbau der Eisenbahn mit Volldampf weiter, die beiden Kriege 1866 und 1870/71 verzögerten die Bauarbeiten kaum. Baden und Württemberg erschlossen großräumig Landesbereiche, die bisher noch keinen Eisenbahnanschluss hatten. Zunächst stand noch der Binnenausbau im Vordergrund, aber nach und nach wurden nach teilweise komplizierten Verhandlungen mit Nachbarstaaten Staatsverträge abgeschlossen, die Anbindungen an die Eisenbahnnetze der benachbarten Länder ermöglichte, auch zwischen Baden und Württemberg entstanden zusätzliche Verknüpfungen. Aus den bisher eher isolierten Stammstrecken entstand so ein erstes, wenn auch noch grobmaschiges Eisenbahnnetz.

In Südbaden wurde die Strecke von Basel bis Konstanz verlängert, 1856 erreichten die Schienen Waldshut, von dort gab es seit 1859 eine (erste) Anbindung über den Rhein an das Schweizer Bahnnetz. Bei Schaffhausen musste die Strecke nochmals über Schweizer Gebiet geführt werden, so dass Konstanz erst 1863 seinen Eisenbahnanschluss bekam, von dort gab es ab 1871 einen zweiten Anschluss an das Schweizer Bahnnetz, weitere Anbindungen an die Schweiz entstanden in Basel Badischer Bahnhof (1873) und Singen (1875).

Im Norden suchte Baden Anschluss an das bayrische Eisenbahnnetz, wo Würzburg und Aschaffenburg bereits seit 1854 einen Bahnanschluss hatten. Auch Bayern zeigte Interesse, schließlich sollte die damals zum Königreich Bayern gehörende linksrheinische Pfalz an das bayrische Stammland angebunden werden. Während Bayern einen Anschluss im Maintal südlich von Aschaffenburg wünschte, um möglichst viel Verkehr auf bayrisches Gebiet zu lenken, wünschte sich Baden einen Anschluss in Würzburg, um möglichst weite Teile Nordbadens zu erschließen. Baden konnte sich durchsetzen, im Gegenzug sagte Baden zu, gleich zwei Verbindungen in die bayrische Pfalz in Ludwigshafen und Germersheim zu bauen. Eine Streckenführung durch das Neckartal hätte sich für die Strecke zwischen Heidelberg und Würzburg geographisch angeboten, hätte allerdings auch bei Neckarsteinach kurz über hessisches Territorium geführt werden müssen. So wurde eine rein innerbadische Streckenführung über Meckesheim und Aglasterhausen mit vielen Steigungen und Kurven realisiert, die mittlerweile zwischen Aglasterhausen und Mosbach stillgelegt und abgebaut ist. 1862 wurde die Strecke bis Mosbach eröffnet, vier Jahre später ging die Strecke bis nach Würzburg in Betrieb. Da die badische Stadt Wertheim am Main bei der Streckenführung übergangen wurde, bekam es 1868 über eine Stichstrecke nach Lauda Anschluss an das Bahnnetz.

Um einen Bahnanschluss in Bruchsal zu bekommen (der bereits 1853 von Württemberg eröffnet wurde), stimmte Württemberg einer südlichen Verbindungsbahn zwischen Baden und Württemberg von Karlsruhe über Pforzheim nach Mühlacker zu. 1861 erreichten die Schiene Pforzheim, zwei Jahre später war Mühlacker erreicht und es gab eine zweite Schienenverbindung zwischen Baden und Württemberg. Der Anschluss nach Frankreich konnte 1861 in Kehl eröffnet werden, sechs Jahre später nahm die nächste Rheinquerung zwischen Mannheim und Ludwigshafen ihren Betrieb auf.

Da Züge von Konstanz in Richtung Norden immer den Umweg über Basel und Schweizer Gebiet nehmen mussten, beschloss Baden den Bau der Schwarzwaldbahn von Offenburg nach Singen. Zum ersten Mal standen nun auch die Badischen Eisenbahnen vor geographischen Herausforderungen, schließlich musste der Schwarzwald überwunden werden. Eine Streckenführung über Schiltach wäre einfacher zu realisieren gewesen, hätte aber über württembergisches Gebiet geführt. So wählte der leitende Bauingenieur Robert Gerwig eine aufwändige Trassenführung mit mehreren Kehrtunneln zwischen Hausach und Villingen. Demzufolge wurde die Strecke auch in Etappen eröffnet: aus Richtung Norden wurde bereits 1866 Hausach erreicht, im Süden hatte man über Engen(1866) und Donaueschingen (1868) 1869 schließlich Villingen erreicht, der komplex zu bauende Lückenschluss nach Hausach erfolgte dann erst 1873.

Mittlerweile hatte auch Baden Geschmack am Transitverkehr gefunden. Man träumte davon, die direkten Verbindungen Berlin – Leipzig – Zürich – Mailand und Wien – Paris über badisches Gebiet zu führen und plante daher den Bau einer Strecke Radolfzell – Mengen. Da die Strecke teilweise auch durch das preußische Hohenzollern geführt werden musste, schlossen Preußen, Baden und Württemberg einen Staatsvertrag, der Baden und Württemberg den Bau von Bahnstrecke über hohenzollernsches Gebiet ermöglichte. 1867 erreichte man bereits Stockach, 1870 Meßkirch und drei Jahre später Mengen, gleichzeitig gingen auch die von der Hauptstrecke ausgehenden Stichstrecken Schwackenreute – Pfullendorf (1875 verlängert ins württembergische Altshausen) und Krauchenwies – Sigmaringen in Betrieb. Die Strecke erfüllte allerdings nie die Erwartungen, zwischenzeitlich war die Strecke in Teilen auch schon stillgelegt, die beiden Stichstrecken sind bereits schon länger stillgelegt.

 

Entwicklung der Staatsbahn in Württemberg

Auch Württemberg war beim weiteren Ausbau seines Eisenbahnnetzes sehr aktiv. Im Süden sollte das obere Neckartal von Plochingen aus erschlossen werden und die Strecke über Tuttlingen nach Immendingen an der badischen Schwarzwaldbahn verlängert werden. Reutlingen war bereits 1859 erreicht, 1861 folgte Tübingen, 1866 lagen die Schienen bis Horb, über Rottweil (1868) führte die Strecke nach Tuttlingen (1869) und schließlich bis Immendingen (1870), zudem konnte 1869 auch schon eine Stichstrecke von Rottweil ins badische Villingen eröffnet werden.

Der oben bereits erwähnte Staatsvertrag mit Preußen erlaubte Württemberg den Bau einer Bahnstrecke von Ulm nach Sigmaringen, die über Blaubeuren (1868), Riedlingen (1869), Mengen (1870) schließlich 1873 ihr Ziel erreichte. Eine Fortführung durch das Obere Donautal nach Tuttlingen scheiterte zunächst am dortigen komplizierten Grenzverlauf zwischen Baden, Württemberg und Hohenzollern und wurde schließlich erst 1890 realisiert. Der Staatsvertrag verpflichte Württemberg auch zum Bau einer Strecke von Tübingen nach Sigmaringen, die von dort über Aulendorf und Leutkirch bis in den südöstlichen Zipfel Württembergs in Isny fortgeführt werden sollte. Von Tübingen aus erreichte man 1869 Hechingen, 1874 Balingen, der Lückenschluss nach Sigmaringen erfolgte dann erst 1878. Im südlichen Abschnitt war der Abschnitt Herbertingen – Bad Waldsee bereits 1869 in Betrieb, ein Jahr später war Kißlegg erreicht, 1872 Leutkirch und 1874 schließlich Isny.

Auch im Norden Württembergs gab es einige Streckeneröffnungen zu verzeichnen. Nach Abschluss eines Staatsvertrags mit Bayern konnte die ursprünglich beim Bau der Ost/Centralbahn verworfene Remsbahnvariante realisiert werden. 1861 erreichten die Schienen aus Cannstatt kommend Aalen und von dort aus 1863 eine Verlängerung ins bayrische Nördlingen. Zusätzlich band Württemberg Crailsheim 1866 aus Richtung Aalen an die Schiene an. Der Staatsvertrag untersagte bis 1875 den Lückenschluss nach Ulm, so dass die Schienen aus Aalen erst 1876 Ulm erreichten, der Abschnitt Aalen – Heidenheim ging bereits 1864 in Betrieb.

Vom bisher nördlichsten Punkt des württembergischen Eisenbahnnetzes in Heilbronn baute man in östlicher Richtung über Schwäbisch Hall (1862), und Crailsheim (1867) eine weitere Anbindung an das bayrische Eisenbahnnetz in Ansbach, die 1875 schließlich in Betrieb gehen konnte. In nördlicher Richtung wurde 1866 ausgehend von Heilbronn die insbesondere aufgrund der Salzvorkommen wirtschaftlich bedeutende Stadt Jagstfeld erreicht. Von dort entstanden 1869 jeweils Strecken in die Städte Osterburken und Meckesheim an der badischen Nordbahn Heidelberg – Würzburg, im gleichen Jahr ging auch noch der Lückenschluss zwischen Crailsheim und Königshofen bei Lauda in Betrieb.

Im württembergischen Teil des Schwarzwaldes erhielt der beim württembergischen König beliebte Kurort Bad Wildbad bereits 1868 ausgehend vom badischen Pforzheim einen Bahnanschluss. Gleichzeitig begann Württemberg mit dem Bau der „württembergischen Schwarzwaldbahn“, die ausgehend von Zuffenhausen 1869 Weil der Stadt und 1872 Calw im Nagoldtal erreichte. Von dort erreichte man Nagoldabwärts zwei Jahre später Pforzheim, so dass der württembergische König dank einer Verbindungskurve bei Pforzheim direkt nach Bad Wildbad fahren konnte, ohne dabei badischesTerritorium passieren zu müssen. In Gegenrichtung wurde über Nagold (1872) zwei Jahre später ebenfalls Horb an der Oberen Neckartalbahn erreicht.

 

Private Bahnstrecken

Die Eisenbahn entwickelte sich rasch zum Treiber der wirtschaftlichen Entwicklung, die von der Eisenbahn erschlossenen Städte und Landstriche erlebten einen Aufschwung. Das erkannten auch Städte, die bisher nicht an die Eisenbahn angeschlossen waren, andere Städte mit Eisenbahnanschluss wollten ihre Stellung ausbauen und ihr Umland bahntechnisch erschließen. Die Staatsbahnen konnten oder wollten diese Strecken allerdings nicht bauen, erklärten sich aber dazu bereit, diese Strecken zu betreiben. So bauten einige Städten und Gemeinden Eisenbahnstrecken in Eigenregie, verpachteten diese dann an die Staatsbahn oder beauftragten die Staatsbahn mit dem Betrieb. Es handelte sich also nicht um echte Privatbahnen, diese gab es in Baden-Württemberg erst ab Ende des 19.Jahrhunderts. Einige Strecken wurden direkt nach dem Bau verstaatlicht, andere dagegen gingen erst nach einigen Jahrzehnten an die jeweilige Staatsbahn. Ebenso unterschiedlich war die weitere Entwicklung. Manche dieser Strecken blieb zeitlebens eine einfache Stichstrecke, die später stillgelegt wurde (z.B. Lahr – Lahr Stadt), andere entwickelten sich zu wichtigen Hauptbahnen (z.B. Mannheim – Karlsruhe):

- 1862: Wiesetalbahn Basel Bad. Bhf. –Schopfheim (1876 nach Zell verlängert, 1889 verstaatlicht)
- 1864: Wendlingen –Kirchheim (1899 verstaatlicht)
- 1865: Karlsruhe – Maximiliansau (1906 verstaatlicht)
- 1865: Lahr – Lahr Stadt (1906 verstaatlicht)
- 1869: Rastatt – Gernsbach (1894 nach Weisenbach verlängert, 1904 verstaatlicht)
- 1870: Mannheim – Karlsruhe (Strecke über Graben-Neudorf, am Eröffnungstag verstaatlicht)
- 1871: Freiburg – Breisach (1881 verstaatlicht)
- 1873: Heidelberg – Speyer (Strecke über Schwetzingen, 1894 verstaatlicht)
- 1873: Metzingen – Urach (1904 verstaatlicht)
- 1875: Denzlingen – Waldkirch (1887 verstaatlicht)

 

Zusammenfassung

Zwischen 1856 und 1875 kamen mehr als 1.800km neue Strecken in Baden und Württemberg zu den bereits bestehenden knapp 700km Bahnstrecken hinzu. Eine große Leistung zumal die Industrie in Baden und Württemberg noch immer keine große Rolle spielte. Bereits 1875 waren fast 50% des gesamten Eisenbahnnetzes (bezogen auf die maximale Ausdehnung im Jahre 1941) in Baden und Württemberg in Betrieb, kaum eine andere Region in Deutschland war zu diesem Zeitpunkt bereits so weit mit der Eisenbahn erschlossen. Auch die Verknüpfung mit den benachbarten Eisenbahnen war ziemlich weit ausgeprägt: zwischen Baden und Württemberg gab es mittlerweile zehn Verknüpfungen (Crailsheim – Lauda, Jagstfeld – Osterburken, Jagstfeld – Meckenheim, Bretten – Bruchsal, Pforzheim – Mühlacker, Pforzheim – Bad Wildbad, Pforzheim – Calw, Rottweil – Villingen, Tuttlingen – Immendingen, Radolfzell – Mengen), Baden hatte zudem eine Verbindung nach Bayern (Osterburken – Würzburg), eine Verbindung nach Hessen (Darmstadt – Friedrichsfeld), zwei in die bayrische Pfalz (Mannheim – Ludwigshafen, Karlsruhe – Maximiliansau), eine nach Frankreich (Kehl – Strasbourg) sowie vier in die Schweiz (Basel Bad. Bhf. – Basel, Waldshut – Koblenz, Singen – Etzwilen, Konstanz – Kreuzlingen). Württemberg hatte drei Verbindungen mit Bayern vorzuweisen (Crailsheim – Ansbach, Aalen – Nördlingen, Ulm – Neu-Ulm). Württemberg-Hohenzollern hatte noch immer keine eigene Bahn, die wichtigsten Städte Sigmaringen und Hechingen waren allerdings von Württemberg bereits an das Bahnnetz angebunden wurde.

Im Gegensatz zu den bis 1855 entstandenen Stammbahnen haben nur wenige der zwischen 1856 und 1875 eröffneten Strecken eine überregionale Bedeutung bekommen (u.a. Mannheim – Karlsruhe), viele der Strecken haben heute höchstens noch regionale Bedeutung. Andere Strecken dagegen erfüllten die an sie gesetzten Erwartungen nicht, teilweise sind sie auch schon stillgelegt (u.a. Radolfzell – Mengen mit ausgehenden Stichstrecken nach Sigmaringen und Pfullendorf, Heidelberg – Würzburg zwischen Meckenheim und Mosbach, Leutkirch –Isny, Weil der Stadt - Calw).

 

1876 - 1890: Die ersten Jahre im Deutschen Kaiserreich bringen Strategische Bahnen und Lückenschlüsse

Anbindung von Elsaß-Lothringen und Bau Strategischer Bahnen

Mit dem Sieg im Krieg gegen Frankreich und der Gründung des Deutschen Kaiserreichs konnten die Staatsbahnen in Baden und Württemberg trotz Widerständen Bismarcks ihre Selbstständigkeit bewahren, allerdings hatten die Bahngesellschaften nun die Aufgabe, ein einheitliches, deutsches Eisenbahnnetz aufzubauen. Zudem mussten aus militärstrategischen Gesichtspunkten Nachschublinien in Richtung Grenze zum französischen Erbfeind aufgebaut werden. Insbesondere Baden bekam auch die Aufgabe, das annektierte Elsass-Lothringen verkehrstechnisch eng an das Deutsche Reich anzubinden. So kam es in Baden und Württemberg insbesondere in Ost-West-Richtung zu Lückenschlüssen und Verknüpfungen, die bisher an den Partikularinteressen der einzelnen Staaten gescheitert waren. Im Gegensatz zum vorherigen Jahrzehnt ging der Bahnbau aber weitaus langsamer voran, auch wegen der seit 1873 herrschenden Wirtschaftsflaute infolge der Gründerkrise.

In Baden wurden einige zusätzliche Anschlüsse über den Rhein in die bayrische Pfalz und ins Elsass gebaut: Graben-Neudorf – Germersheim (1877), Breisach – Neuf-Brisach (1878), Müllheim – Bantzenheim (1878), Weil am Rhein – St. Louis (1878). Insbesondere im Süden Deutschlands fehlte eine Strecke, um im Kriegsfall Truppen aus Bayern ins südliche Elsass zu transportieren, da die bestehende Strecke zwischen Weil am Rhein und Konstanz zweimal über Schweizer Gebiet verläuft und Truppentransporte auf dieser Strecke daher nicht möglich waren. Zur Umgehung des Badischen Bahnhofs in Basel wurden die Strecken Weil am Rhein – Lörrach-Stetten (1887) und Schopfheim – Bad Säckingen (1890) gebaut, ebenfalls 1890 wurde die Lücke zwischen Lauchringen und Hintschingen sowie zwischen Tuttlingen und Inzigkofen (Obere Donautalbahn) geschlossen. Alle Bahnen wurden als Hauptbahnen aufwändig trassiert, die „Sauschwänzlebahn“ im Abschnitt Weizen – Blumhaus-Zollberg ist das daraus folgende interessanteste Ergebnis.

 

Entwicklung der Staatsbahn in Württemberg

Größtes Bauvorhaben in Württemberg war der Bau einer Südwest-Nordost-Magistrale von Hausach über Freudenstadt, Stuttgart und Backnang nach Schwäbisch Hall-Hessental. Von Hausach wurde 1878 Wolfach erreicht, der Lückenschluss über Schiltach nach Freudenstadt erfolgte 1886. Freudenstadt hatte bereits 1879 seinen Bahnanschluss an Stuttgart über Hochdorf und Eutingen bekommen. Im nördlichen Abschnitt wurde ausgehend von Waiblingen 1876 Backnang erreicht, zwei Jahre später reichten die Schienen bis Murrhardt, wiederum zwei Jahre später war dann auch die Lücke nach Schwäbisch Hall-Hessental geschlossen. Ein Jahr zuvor erhielt Backnang auch noch über Freiberg Anschluss nach Bietigheim-Bissingen sowie 1881 nach Ludwigsburg. Parallel entstand noch etwas nördlich eine weitere Querverbindung von Grötzingen über Eppingen nach Heilbronn. Der badische Abschnitt von Grötzingen nach Eppingen wurde von der Stadt Karlsruhe gebaut, ging aber mit der Eröffnung 1879 an die Badische Staatsbahn. Der württembergische Abschnitt bis Heilbronn wurde ein Jahr später eröffnet.

Im äußersten Südosten Württembergs wurden noch zwei Anschlüsse nach Bayern gebaut. Die Strecke Kißlegg – Hergatz wurde bereits 1880 im Teilabschnitt von Kißlegg nach Wangen im Allgäu eröffnet, der Lückenschluss ins bayrische Hergatz erfolgte zehn Jahre später. Ein Jahr zuvor wurde 1889 die Strecke Leutkirch – Memmingen eröffnet, seither gibt es von Buchloe zwei Möglichkeiten, um nach Lindau zu gelangen.

 

Entwicklung der Staatsbahn in Baden

Nachdem Baden in den 1860er-Jahren aufgrund der hessischen Gebiete um Neckarsteinach noch auf den Bau einer Bahnstrecke durch das Untere Neckartalbahn zugunsten einer Binnenbahn über Meckesheim und Aglasterhausen verzichtete, kam es nun doch zum Bau. 1879 ging die Neckartalbahn von Jagstfeld bis Neckargemünd in Betrieb. Insbesondere für den Güterverkehr wurde 1880 zur Umgehung der Bahnhöfe Heidelberg und Mannheim der kurze, aber heute noch sehr wichtige Abschnitt Friedrichsfeld – Schwetzingen eröffnet. Bahnfern waren in Baden jetzt nur noch der Mittelschwarzwald und der östliche Odenwald. Nachdem es mit der Führung einer Magistrale Paris - Wien über Radolfzell – Mengen nicht so richtig klappte, wollte man es nun den direkten Weg durch den Schwarzwald über Freiburg und Donaueschingen versuchen. Aufgrund der großen Steigungen entstand im Höllental der erste Zahnstangenabschnitt Badens, 1887 konnte man mit der Bahn von Freiburg nach Neustadt gelangen, der Lückenschluss nach Donaueschingen erfolgte dann erst 1901. Müßig zu erläutern, dass es mit den Magistralenplänen nicht klappte. Im östlichen Odenwald entstand 1887 noch eine Stichstrecke von Seckach nach Walldürn, die 1899 dann sogar noch in Amorbach einen Anschluss an das bayrische Eisenbahnnetz bekam. Zudem wurde 1890 der Bahnhof Rastatt näher an die Stadt gelegt, da man selbigen beim Bau der Rheintalbahn 1844 noch außerhalb der weitläufigen Festungsanlagen errichten musste. Zusätzlich erhielt Baden zwei weitere Anschlüsse nach Hessen (1879/1880 Mannheim – Riedstadt – Frankfurt sowie 1882 Eberbach – Darmstadt/Babenhausen), beide wurden (auch auf badischem Gebiet) von der hessischen Ludwigsbahn gebaut und betrieben. Die Königlich Bayrischen Staatseisenbahnen eröffneten 1881 noch eine Strecke von Lohr nach Wertheim, die aber nur gut einen guten Kilometer über badisches Gebiet läuft.

 

Privatbahnen

Bei den privat gebauten, aber von den Staatsbahnen betriebenen Bahnen gab es nur noch drei Neueröffnungen: 1876 Schopfheim – Zell im Wiesental (1890 verstaatlicht), 1876 Appenweier – Oppenau (1909 verstaatlicht) sowie 1885/87 Ettlingen West – Ettlingen Stadt (1898 von der privaten BLEAG übernommen). Dafür wurden die ersten echten Privatbahnen, bei denen Bau und Betrieb in privaten Händen lagen, eröffnet. Den Reigen eröffnete 1884 die Zahnradbahn in Stuttgart vom Marienplatz nach Degerloch, die 1888 (ohne Zahnrad) über Möhringen und Plieningen nach Hohenheim verlängert wurde (Keimzelle der Filderbahn). In Baden bildete sich ein privates Eisenbahnkomitee um den „Privatbahnkönig“ Hermann Bachstein, das mehrere Meterspurbahnen baute: 1887 Mannheim – Weinheim, 1889 Zell – Todtnau, 1890 Weinheim – Heidelberg sowie ab 1890 die Karlsruher Kleinbahn). In Württemberg baute die bayrische Localbahn AG die straßenbahnähnliche Kleinbahn Ravensburg – Weingarten.

 

Zusammenfassung

Damit war 1890 der Bau der Hauptstrecken in Baden und Württemberg praktisch abgeschlossen, zusätzlich gab es bereits einige Nebenbahnen und die ersten Privatbahnen. Das Netz wuchs nochmal um über 700km auf jetzt über 3.200km an, mehr als 60% des Netzes (bezogen auf die maximale Ausdehnung im Jahre 1941) waren gebaut. Zwischen Baden und Württemberg gab es jetzt mit den beiden neuen Verknüpfungen Eppingen – Heilbronn und Hausach – Freudenstadt insgesamt zwölf Verbindungen, Baden hatte drei Verbindungen nach Bayern, drei Verbindungen nach Hessen, vier in die bayrische Pfalz, vier in das Elsass und vier in die Schweiz. In Württemberg gab es nun insgesamt fünf Verbindungen nach Bayern.

Überregionale Bedeutung hat (abgesehen vom kurzen Abschnitt Friedrichsfeld – Schwetzingen) keine der zwischen 1876 und 1890 gebauten Bahnen mehr bekommen. Viele dieser Bahnen wurden als Hauptbahnen gebaut, später aber zu Nebenbahnen herabgestuft. Fast alle sind aber noch in Betrieb, lediglich bei den strategischen Bahnen in Baden sind (wie bei fast allen strategischen Bahnen) Stilllegungen zu verzeichnen, in Württemberg verlor die Strecke Zuffenhausen – Calw bereits sieben Jahre nach dem Bau durch die parallel verlaufende Gäubahn Stuttgart – Eutingen massiv an Bedeutung, der Abschnitt Weil der Stadt – Calw wurde später stillgelegt, die Reaktivierung dieses Abschnitts steht allerdings an.

 

1891 - 1918: Die Blütezeit der Neben- und Privatbahnen

Die Gründe für den Boom der Neben- und Privatbahnen

Die bisher gebauten Bahnen waren abgesehen von wenigen Ausnahmen wirtschaftlich sehr erfolgreich, zudem brachten sie auch den unmittelbar erschlossenen Städten und Gebieten einen wirtschaftlichen Aufschwung, erste Industriebetriebe entstanden und in den größeren Städten nahm die Bevölkerung massiv zu. Dagegen verloren Landstriche, die bisher keinen Eisenbahnschluss hatten, den Anschluss an den Rest des Landes, Armut und Abwanderung nahmen massiv zu. Die Staatsbahnen (insbesondere in Baden) hatten zunächst keinerlei Interesse am Bau von Bahnen in diese meist dünn besiedelten, wirtschaftlich schwachen und geographisch ungünstig gelegenen Gebiete, schließlich wollte man sich die satten Gewinne aus dem bestehenden Netz nicht durch solche vermutlich verlustbringenden Strecken verwässern. Erst später bauten die Staatsbahnen dann auch auf Drängen der Politik hin meist relativ kurze Stichstrecken, um die abgehängten Regionen wirtschaftlich zu stärken. In diese Lücke stießen nun Ende des 19. Jahrhunderts nicht nur in Baden und Württemberg, sondern im gesamten Deutschen Kaiserreich private Bahnunternehmen. Das Schema war meistens gleich: die Unternehmen boten Bau und Betrieb dieser meist sehr einfach gehaltenen Strecken an, die betroffenen Gemeinden mussten den Grund kostenlos und teilweise auch finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, auch der Staat bezuschusste teilweise den Bau. Dauerhaft wirtschaftlich erfolgreich waren aber die wenigsten dieser Privatbahnen, mittlerweile sind fast alle dieser Strecken längst stillgelegt. Das in anderen Ländern Deutschlands praktizierte Kreisbahnkonstrukt kam in Baden und Württemberg dagegen nicht zum Zuge. Mit dem Ersten Weltkrieg kamen dann praktisch alle Bahnbaumaßnahmen zum Stillstand.

 

Entwicklung der Staatsbahn in Baden

Die Badischen Staatsbahnen hatten bereits seit 1880 den Streckenneubau massiv heruntergefahren, lediglich die strategischen Strecken im Süden Badens wurden noch fertiggestellt. Stattdessen widmete man sich einem Problem, das der Erfolg der Bahn mit sich gebracht hatte. Viele Bahnhöfe und Güterverladungen, insbesondere in den Städten und Eisenbahnknoten waren dem massiv angewachsenem Verkehr nicht mehr gewachsen. In Karlsruhe wurde 1895 der Rangier- und Güterbahnhof nach Süden außerhalb der Stadt geschoben, der Personenbahnhof folgte 1913. In Basel wurde der Badische Güterbahnhof 1906 nach Norden verlagert, der Personenbahnhof wurde bis 1913 neu gestaltet. Mannheim erhielt 1905/06 einen neuen Rangier- und Güterbahnhof, ebenso Heidelberg 1914. Einen Umbau des Heidelberger Hauptbahnhofs von einem Kopfbahnhof zu einem Durchgangsbahnhof unterbrach der Erste Weltkrieg, fertig wurde er letztendlich erst in den 1950er-Jahren. An der damals bereits überlasteten Rheintalstrecke wurden die Bahnhöfe Rastatt (1895), Bruchsal (1899/1906) und Offenburg (1911) neu gestaltet, in Freiburg entstand 1905 eine Umgehungsbahn für den Güterverkehr. Auf Drängen des Militärs entstand 1895 noch die Hauptbahn von Graben-Neudorf über Karlsruhe und Rastatt ins elsässische Roppenheim, eine der wenigen spät gebauten Bahnen, die heute zumindest im Abschnitt Graben-Neudorf – Rastatt überregionale Bedeutung hat, der Abschnitt ins Elsass ist mittlerweile stillgelegt.

Eine der wenigen neuen Strecken war die „Bodenseegürtelbahn“. Alle drei deutschen Länder hatten Strecken an den Bodensee (Baden in Konstanz, Württemberg in Friedrichshafen und Bayern in Lindau), eine Verbindung dieser drei Bahnhöfe scheiterte aber lange an den unterschiedlichen Interessen der Anrainer. Baden machte den Anfang und eröffnete 1895 den Abschnitt von Stahringen nach Überlingen, 1901 führte die Strecke bis Friedrichshafen. Württemberg hatte die Lücke nach Friedrichshafen bereits 1899 geschlossen. Es erfolgten noch drei weitere Lückenschlüsse durch die badische Staatsbahn: 1900 zwischen Steinsfurt und Eppingen, 1901 zwischen Neustadt und Hüfingen sowie zusammen mit Württemberg die Murgtalbahn zwischen Rastatt und Freudenstadt. Die Murgtalbahn wird gerne als Deutschlands am längsten in Bau befindliche Bahnstrecke klassifiziert. Bereits 1869 wurde der Abschnitt Rastatt – Gernsbach gebaut, 1894 erfolgte die Verlängerung nach Weisenbach. Beide Abschnitte wurden von der privaten Murgthalbahn-Eisenbahn-Gesellschaft gebaut, 1904 erfolgte die Übernahme durch die Staatsbahn, die 1910 die Strecke bis Forbach und 1915 bis Raumünzach verlängerte. Aus Richtung Freudenstadt eröffnete Württemberg 1901 den Abschnitt bis Klosterreichenbach, aufgrund der großen Steigungen wurde hier eine Zahnstange eingebaut. Der endgültige Lückenschluss erfolgte dann erst 1928, 59 Jahre nach der Eröffnung des ersten Abschnitts.

Im 20. Jahrhundert baute die badische Staatsbahn auf Drängen der Politik hin dann auch vermehrt meist kurze Stichstrecken, die heute aber größtenteils stillgelegt sind:
- 1901: Waldkirch – Elzach
- 1901: Oberuhldingen – Unteruhldingen
- 1904: Marbach – Bad Dürkheim
- 1905: Mannheim-Rheinau – Brühl, 1912 verlängert nach Ketsch
- 1905: Mimmenhausen-Neufrach – Frickingen
- 1905: Mosbach – Mudau (Badens einzige staatliche Schmalspurbahn, privater Betrieb durch Vering & Wächter)
- 1907: Kappel-Gutachbrücke – Lenzkirch – Bonndorf
- 1911: Walldürn – Hardheim
- 1913: Singen – Beuren-Büßlingen
- 1914: Tauberbischofsheim - Königheim

Zwischen Baden und Bayern entstanden auch noch zwei Verknüpfungen sowie zwei in Hessen: 1899 Walldürn – Amorbach (- Miltenberg) und 1912 Wertheim – Schneeberg (- Miltenberg), 1895 Weinheim – Fürth und 1905 Weinheim – Viernheim. Als eine der ersten Staatsbahnen Deutschlands nahm die Badische Staatsbahn auch den elektrischen Betrieb auf, der sich aber auf die Strecken Basel Bad. Bahnhof – Zell sowie Schopfheim – Bad Säckingen beschränkte.

 

Entwicklung der Staatsbahn in Württemberg

In Württemberg waren noch große Teile der Schwäbische Alb ohne Eisenbahn, insbesondere Reutlingen forderte schon lange eine direkte Anbindung nach Ulm. So entstand die Verbindung Reutlingen – Schelklingen, die den Aufstieg auf die Alb bei Honau mittels einer Zahnstange überwand. 1892 war der Abschnitt Reutlingen – Honau fertig, ein Jahr später der Abschnitt auf die Alb bis nach Münsingen, der Lückenschluss nach Schelklingen erfolgte dann erst 1901. Bis zum Ersten Weltkrieg entstanden dann noch vier kurze Verbindungslinien:
- 1896 Untertürkheim – Kornwestheim
- 1909/10 Tübingen – Herrenberg
- 1911/12: Schwäbisch Gmünd – Wäschenbeuren – Göppingen
- 1914/15: Böblingen – Sindelfingen - Renningen

Wie in Baden mussten auch in Württemberg die Bahnknoten ausgebaut und erweitert werden. 1911 wurde in Ulm der Rangier- und Güterbahnhof ins Blautal verlegt, auch in Stuttgart gab es erste Arbeiten, der neue Hauptbahnhof wurde jedoch erst nach dem Ersten Weltkrieg fertig. Zusätzlich entstanden noch vier weitere Verknüpfungen mit dem bayrischen Bahnnetz, die heute aber alle stillgelegt sind:
- 1909 Kempten – Isny
- 1909 Bieberehren – Creglingen (Württembergs einzige isolierte Strecke, da die Stichstrecke nur über die Strecke der bayrischen Staatsbahn erreichbar war)
- 1909 (Ochsenfurt) – Röttingen – Weikersheim
- 1911 Sontheim – Gundelfingen

In Württemberg begann die Staatsbahn früher wie in Baden mit der Erschließung ländlicher Gebiete, wobei die folgenden Strecken in Schmalspur ausgeführt wurden:
- 1891: Nagold –Altensteig (1.000mm)
- 1896/1901: Lauffen – Güglingen – Leonbronn (750mm, später auf Normalspur umgespurt)
- 1896: Bad Schussenried – Buchau (750mm, 1915/16 verlängert nach Riedlingen)
- 1901: Marbach – Heilbronn (750mm, erste Abschnitte gingen bereits 1894 und 1899 in Betrieb)
- 1899/1900: Biberach – Warthausen – Ochsenhausen (750mm)

Die anderen Stichstrecken zur Erschließung weiterer Gebiete wurden dagegen in Normalspur ausgeführt:
- 1892: Waldenburg – Künzelsau
- 1892: Schiltach – Schramberg
- 1899: Kirchheim/Teck – Oberlenningen
- 1900: Blaufelden – Langenburg
- 1901: Süßen – Weissenstein
- 1903: Geislingen – Wiesensteig
- 1904: Laupheim – Schwendi
- 1904: Roßberg – Bad Wurzach
- 1908: Kirchheim/Teck- Weilheim/Teck
- 1908/11: Schorndorf – Rudersberg – Welzheim
- 1910/11: Böblingen – Weil (Schönbuch) – Dettenhausen
- 1911: Balingen – Schömberg
- 1914: Maulbronn West – Maulbronn
- 1916: Ludwigsburg - Markgröningen

 

Privatbahnen

Insbesondere in Baden begann im letzten Jahrzehnt der Privatbahn-Boom, vor allem im Rheintal entstanden zahlreiche Klein- und straßenbahnähnliche Kleinbahnen, die heute aber bis auf wenige Ausnahmen stillgelegt sind:
- 1891/92: Ausbau Karlsruher Stadtbahn (Meterspur)
- 1891: Mannheim – Heidelberg (Meterspur)
- 1892: Kehl – Bühl (Meterspur)
- 1892/93: Donaueschingen – Furtwangen
- 1893: Rheinufer – Ettenheimmünster (Meterspur, 1922 umgespurt)
- 1894: Ottenheim Rheinufer – Seelbach (Meterspur)
- 1894: Gottenheim – Riegel – Endingen
- 1894: Bad Krozingen – Sulzburg
- 1895: Endingen – Breisach
- 1895: Haltingen – Kandern
- 1896: Müllheim – Badenweiler
- 1896/1900: Bruchsal – Odenheim – Hilsbach
- 1896: Ubstadt – Menzingen
- 1896: Bühl – Oberbühlertal
- 1897/1898: Karlruhe – Ettlingen – Bad Herrenalb (Meterspur)
- 1898: Kehl – Ottenheim (Meterspur)
- 1898: Altenheim – Offenburg (Meterspur)
- 1898: Achern – Ottenhöfen
- 1899/1900/1901: Busenbach – Ittersbach – Brötzingen – Pforzheim (Meterspur)
- 1900: Mannheim-Waldhof – Mannheim-Sandhausen
- 1901: Wiesloch-Walldorf – Meckesheim
- 1901: Wiesloch-Stadt - Waldangelloch
- 1902: Neckarbischofsheim – Hüffenhardt
- 1904: Biberach – Oberharmersbach
- 1906: Heidelberg Gbf – Schriesheim (Dreischienengleis)
- 1908: Oberschefflenz – Billigheim
- 1909: Mannheim-Käfertal – Heddesheim (Meterspur)
- 1909: Schwarzach – Rastatt (Meterspur)
- 1916: Staufen – Münstertal

In Württemberg begann der Privatbahn-Boom etwas später und war nicht ganz so ausgeprägt wie in Baden. Die Stilllegungen waren später dann nicht so ausgeprägt wie in Baden:
- 1895: Meckenbeuren – Tettnang (erste öffentliche elektrische Bahn in Deutschland)
- 1897: Stuttgart-Möhringen – Neuhausen (Meterspur, 1902 umgespurt)
- 1897: Stuttgart-Möhringen – Vaihingen
- 1898: Trossingen – Trossingen Stadt
- 1899: Reutlingen – Eningen
- 1900: Nürtingen – Neuffen
- 1900: Möckmühl – Dörzbach (750mm Schmalspur, liegt teilweise in Baden)
- 1901: Albstadt-Ebingen – Onstmettingen
- 1901: Amstetten – Laichingen (Meterspur)
- 1901: Aalen – Ballmertshofen, 1906 verlängert nach Dillingen in Bayern (Meterspur)
- 1902: Reutlingen – Gönningen
- 1903: Gaildorf West – Untergröningen
- 1904: Bopser – Degerloch (Meterspur)
- 1904: Vaihingen Nord – Enzweihingen
- 1906: Amstetten – Gerstetten
- 1906: Korntal – Weissach
- 1907/1913: Bad Friedrichshall-Jagstfeld – Neuenstadt – Ohrnberg
- 1910: Weingarten - Baienfurt (Meterspur)
- 1911: Niederbiegen – Baienfurt/Weingarten
- 1912/1916: Pfullingen – Reutlingen – Altenburg

Und endlich bekam auch Württemberg-Hohenzollern mit der Hohenzollerischen Landesbahn eine eigene Eisenbahn. Zunächst entstanden ausgehend von Bahnhöfen im württembergischen Eisenbahnnetz vier Stichstrecken, die später zu einem Gesamtnetz verbunden wurden und bis heute in Betrieb sind:
- 1900: Sigmaringendorf – Bingen
- 1901: Hechingen – Burladingen
- 1901: Eyach – Stetten
- 1901: Kleinengstingen – Gammertingen
- 1908: Gammertingen – Hanfertal – Bingen
- 1908: Burladingen – Gammertingen
- 1910: Hanfertal – Sigmaringen
- 1912: Stetten – Hechingen

 

Zusammenfassung

Damit war zu Beginn des Ersten Weltkriegs das Eisenbahnnetz in Baden-Württemberg zu über 95% (bezogen auf die Streckenlänge) gebaut. Insgesamt kamen nochmals knapp 1.800km im Vergleich zu 1890 hinzu, rund die Hälfte davon waren Privatbahnen. Zwischen Baden und Württemberg gab es jetzt mit der neuen Bodenseegürtelbahn 13 Verbindungen, Baden hatte fünf Verbindungen nach Bayern, fünf Verbindungen nach Hessen, vier in die bayrische Pfalz, fünf in das Elsass und fünf in die Schweiz. In Württemberg gab es nun insgesamt neun Verbindungen nach Bayern.

Überregionale Bedeutung hat (abgesehen vom Abschnitt Graben-Neudorf – Rastatt) keine der zwischen 1891 und 1918 gebauten Bahnen mehr bekommen. Viele der gebauten Strecken sind mittlerweile stillgelegt, insbesondere viele der Stichstrecken und das teils weitreichende Neben- und Kleinbahnnetz im Oberrheintal.

 

1919 - 1945: Die Zwei Weltkriege besiegeln das Ende der Eisenbahnblüte

Das Ende der Länderbahnzeit

Mit Gründung der Weimarer Republik verloren die beiden Länderbahnen in Baden und Württemberg ihre Eigenständigkeit und gingen zum 1. April 1920 in der Deutschen Reichsbahn (ab 1924 Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft) auf, die bisherigen Privatbahnen (auch die Hohenzollerische Landesbahn) blieben selbstständig. Die Strecken der ehemaligen Badischen Staatsbahn wurden von der Reichsbahndirektion Karlsruhe, die Württembergischen von der Reichsbahndirektion Stuttgart. Aufgrund der Wirtschaftskrisen und der wachsenden Konkurrenz durch den Automobilverkehr kam es nur noch zu recht wenigen Streckenneueröffnungen, größtenteils handelte es sich um Strecken, die noch zur Zeit der Länderbahnen gesetzlich beschlossen wurden und nun von der Reichsbahn, auch im Zuge von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten entstanden vor oder während des Krieges noch ein paar Verbindungskurven. Wie in allen anderen Teilen Deutschlands auch, musste die Reichsbahn die Kriegsmaschinerie am Laufen halten und Menschentransporte in die Konzentrationslager durchführen. Gegen Ende des Krieges waren die meisten Eisenbahnknoten durch Bombenangriffe stark oder komplett zerstört, was an Brücken noch stehen blieb, wurde von der Wehrmacht auf dem Rückzug gesprengt.

 

Die Entwicklung des Eisenbahnetzes zwischen den Weltkriegen

Die wohl größte Baumaßnahme der Reichsbahn in Baden-Württemberg war die Neugestaltung des Stuttgarter Hauptbahnhofs, der 1922 als neuer Kopfbahnhof östlich des bisherigen, viel zu kleinen Kopfbahnhofs entstand. Zusätzlich entstanden neue Zulaufstrecken, die Strecken Richtung Esslingen und Bietigheim-Bissingen wurden mit zusätzlichen Vorortgleisen versehen. Bis 1928 entstanden noch die folgenden Stichstrecken, basierend auf Planungen und Gesetzen aus der Länderbahnzeit, die meisten sind inzwischen stillgelegt:
- 1920: Böbingen – Heubach
- 1922: Schönaicher First – Schönaich
- 1924: Künzelsau – Forchtenberg
- 1926: Göppingen – Bad Boll
- 1926/1933: Oppenau – Bad Peterstal – Bad Griesbach
- 1926: Titisee – Seebrugg
- 1928: Spaichingen - Reichenbach
- 1928: Leinfelden – Waldenbuch
- 1928: Raumünzach – Klosterreichenbach (Lückenschluss Murgtalbahn)
- 1928: Neckarsteinach – Schönau
- 1928: Schömberg – Rottweil

Bereits 1921 wurde bereits eine Verbindungskurve bei Appenweier in Betrieb genommen, 1934 wurde die Verbindungskurve zwischen Tuttlingen und Hattingen eröffnet, um das leidige Kopfmachen in Immendingen zu vermeiden, gleichzeitig ging auch eine neue Streckenführung der Höllentalbahn im Stadtgebiet von Freiburg in Betrieb, zudem wurde der Betrieb auf der Höllentalbahn von Zahnstange auf Adhäsion umgestellt. Acht weitere Verbindungskurven wurden noch während des Krieges eröffnet, die meisten auch direkt nach dem Krieg stillgelegt. Auch bei den Privatbahnen gab es noch die eine oder andere Streckeneröffnung, u.a. bei der Stadtbahn in Reutlingen sowie die Teuringertalbahn am Bodensee.

Abgesehen von den Stilllegungen im Rahmen von Neutrassierungen wurden auch erste Streckenabschnitte stillgelegt, u.a. bei der Filderbahn, der Stadtbahn Karlsruhe, Busenbach – Ittersbach sowie den schmalspurigen Kleinbahnen im Oberrheintal, teilweise wurden die Strecken aber nochmals wenige Jahre später reaktiviert.

Während Baden schon 1913 die erste Staatsbahnstrecke elektrifiziert hatte, kam Anfang der 30er-Jahre die Oberleitung auch nach Württemberg. Aus Richtung München kommend wurde 1933 über Ulm und Esslingen Stuttgart erreicht, ein Jahr später folgte auch der Abschnitt Plochingen – Tübingen. 1936 folgte dann noch die Höllentalbahn bis Titisee-Neustadt samt der dort abzweigenden Strecke nach Seebrug, die Eisenerzgrube Karl bei Geislingen erhielt 1937 auch noch einen Fahrdraht vom Bahnhof Geislingen aus kommend.

Damit hatte das Eisenbahnnetz in Baden-Württemberg 1945 seine maximale Ausdehnung mit über 5.000km (inkl. Privatbahnen) erreicht.

 

1946 - 1985: Das große Nebenbahnsterben

Zusammenfassung

Nach dem Kriegsende lagen weite Teile des Eisenbahnnetzes in Trümmern, dennoch konnte mit viel Improvisation der Betrieb zumindest eingeschränkt wieder aufgenommen werden. Da Baden-Württemberg in eine französische und eine amerikanische Besatzungszone aufgeteilt wurde, gab es jeweils eigene Eisenbahngesellschaften, die später aber beide in der Deutschen Bundesbahn aufgingen. Anfangs sorgten Hamsterfahrten der Stadtbevölkerung für einen zweiten Frühling vieler Nebenbahnen, der nach der Währungsreform 1948 aber schon wieder vorbei war. Anfang der 1950er rollte dann die Stilllegungswelle heran, da bei vielen Bahnen Investitionen in die oftmals heruntergewirtschaftete und marode Infrastruktur anstanden, die niemand bezahlen wollte. Zwar konnte durch die Übernahme einiger private Nebenbahnen durch die landeseigene SWEG Stilllegungen herausgezögert werden, letztendlich konnte das auch nicht verhindern, dass die Massenmotorisierung das Zeitalter der Nebenbahnen beendete. Größere Streckeneröffnungen waren nur in den 70er-Jahren im Rahmen des S-Bahn-Ausbaus in Stuttgart zu verzeichnen.

 

Die Eisenbahn in der Besatzungszeit

Die Strecken in der amerikanischen Besatzungszone (d.h. die Strecken in Nordwürttemberg und Nordbaden) gingen 1945 an die „Oberbetriebsleitung United States Zone in Frankfurt am Main“. Mit der Bildung der Bizone ging die Betriebsleitung an die „Deutsche Reichsbahn im Vereinigten Wirtschaftsgebiet“ in Offenbach am Main. Die Strecken in der französischen Besatzungszone (d.h. die Strecken in Südwürttemberg, Südbahnen und Württemberg-Hohenzollern) gingen 1946 an die „Oberdirektion der Deutschen Eisenbahnen der französisch besetzten Zone“ (ODE) mit Sitz in Speyer, am 25. Juni 1947 an die „Betriebsvereinigung der Südwestdeutschen Eisenbahnen“ (SWDE). Unter ihr wurde wieder eine Eisenbahndirektion Karlsruhe gegründet, obwohl Karlsruhe selbst samt umgebender Strecken zur amerikanischen Besatzungszone gehörte. Die SWDE gingen final erst 1952 in der Deutschen Bundesbahn auf, danach erfolgte eine Neuordnung der Eisenbahndirektionen Karlsruhe und Stuttgart, die keine Rücksicht mehr auf die Grenzen der ehemaligen Besatzungszonen nahm. Während in der amerikanischen Zone der Fokus auf einer möglichst schnellen Wiederaufnahme des Eisenbahnverkehrs stand, erfolgten in der französischen Besatzungszone abschnittsweise im Rahmen von Reparationsleistungen auch der Abbau des zweiten Gleise, so verlor u.a. die Gäubahn abschnittsweise das zweite Gleis und wartet bis heute auf eine Wiedereinrichtung. Streckenstilllegungen aufgrund von Kriegszerstörungen gab es abgesehen von im Krieg errrichteten Verbindungskurven kaum, lediglich die Neckarbrücke zwischen Obrigheim und Neckarelz wurde nach dem Krieg nicht wieder aufgeaut, da sie schon im 19. Jahrhundert ihre ursprüngliche Bedeutung verloren hatte, die offizielle Stilllegung erfolgte aber erst 1949.

 

Ausbau und Elektrifzierung

1955 wurde der bereits vor dem Ersten Weltkrieg begonnene Umbau des Hauptbahnhofs von Heidelberg vom Kopf- zum Durchgangsbahnhof schließlich abgeschlossen. In Stuttgart wurden 1970 die S-Bahngleise nach Plochingen verlängert, zwischen 1978 und 1985 wurde die unterirdische S-Bahnstrecke von Stuttgart Hbf nach Stuttgart-Vaihingen eröffnet. In Kirchheim/Teck, Ittersbach und Reichenbach gab es noch größere Streckenverlegungen.

Erhebliche Fortschritte machte die Elektrifizierung. In den 1950er-Jahren wurden u.a. die gesamte Rheintalbahn von Basel bis Mannheim sowie die Württembergische Westbahn von Bietigheim-Bissingen nach Bruchsal sowie die Strecke von Mühlacker nach Karlsruhe unter Strom genommen, damit waren die wichtigsten Strecken in Baden-Württemberg bereits in den 1950er-Jahren elektrifiziert. In den 1960er-Jahren wurden im Großraum Stuttgart kürze Abschnitte unter Fahrdraht genommen, im Folgejahrzehnt folgten die Remsbahn Schorndorf – Aalen (und weiter nach Nördlingen), Heilbronn – Heidelberg sowie Heilbronn – Würzburg, Gäubahn, Schwarzwaldbahn Offenburg – Villingen. Bis in die Mitte der 1980er-Jahre folgten noch weitere Strecken im Großraum Stuttgart und Mannheim sowie der Abschnitt Goldshöfe – Crailsheim – Ansbach. Interessanterweise folgte die Elektrifizierung weitgehend den Streckeneröffnungen, d.h. die zuerst eröffneten Strecken wurden meistens auch als erste elektrifiziert.

 

Die große Stilllegungswelle

Die Streckenstilllegungen begannen 1950 mit der Kleinbahn rund um Lahr gefolgt von weiteren privaten Kleinbahnen im Oberrheintal (u.a. Karlsruher Stadtbahn, rund um Ettenheim, Müllheim – Badenweiler, Kehl, Bühl und Rastatt). Als erste Staatsbahnstrecke wurde 1955 die kurze Stichbahn Uhldingen-Mühlhofen – Unteruhldingen stillgelegt, drei Jahre später folgte der Abschnitt Freiberg – Bietigheim-Bissingen, insgesamt wurden in den 1950er-Jahren rund 100km Strecke stillgelegt.

In den 1960er-Jahren nahmen die Streckenstilllegungen an Fahrt auf. Nun betraf es hauptsächlich Staatsbahnstrecken, darunter fast alle Schmalspurbahnen (Bad Schussenried – Riedlingen, Nagold – Altensteig, Ravensburg – Weingarten – Baienfurt, in Teilen Marbach – Heilbronn). Auch längere Strecken wurden nun stillgelegt (u.a. Spaichingen – Reichenbach, Singen – Beuren-Büßlingen, Graben-Neudorf – Eggenstein), auch der letzte verbliebene Zahnstangenabschnitt bei der Staatsbahn zwischen Honau – Kleinengstingen fiel weg, obwohl man kurz zuvor noch extra ein paar Dieseltriebwagen der Baureihe VT98 mit Zahnradantrieb ergänzte. Auch bei den Privatbahnen setzte sich die Stilllegung von Strecken fort. Insgesamt wurden in den 1960er-Jahren mehr als 300km Strecke stillgelegt.

In den 1970er-Jahren setzte sich das Streckensterben fort, es betraf wiederum Staatsbahn wie auch Privatstrecken. Nach der Stilllegung der Strecke Mosbach – Mudau und der Umspurung von Lauffen – Leonbronn war die letzte verbliebene, schmalspurige Staatsbahn die Strecke Warthausen – Ochsenhausen, die sich bis 1983 halten konnte und die letzte Schmalspurbahn der Bundesbahn auf dem Festland war. Längere Streckenstillegungen waren u.a. Schömberg – Rottweil, Weizen – Blumhaus-Zollberg, Leutkirch – Isny, Kappel-Gutachbrücke – Bonndorf. Bei den Privatbahnen traf es bei längeren Streckenstilllegungen u.a. um Bräunlingen – Furtwangen, Aalen – Dillingen. Insgesamt beliefen sich die Stilllegungen auf knapp 300km.

Auch bis Mitte der 1980er-Jahre folgten nochmals einige Stilllegungen. Insbesondere der plötzliche Wegfall der Gasöl-Beihilfe sorgte für Stilllegungen von Bahnen, deren Zukunft kurz zuvor noch halbwegs gesichert schien. Bei der Bundesbahn war es neben der Stilllegung der letzten Schmalspurbahn Warthausen – Ochsenhausen u.a. Schwackenreute – Pfullendorf, Schwäbisch Gmünd – Maitis-Hohenstaufen, bei den Privatbahnen traf es u.a. Wiesloch Stadt – Waldangelloch, Reutlingen – Gönningen, Haltingen – Kandern und die Schmalspurbahn Amstetten – Laichingen. So kamen nochmals 150km an stillgelegten Strecken zusammen, die Länge des Gesamtnetzes fiel auf gut 4.300km.

 

1986 - 2013: Zwischen Stilllegungen, Reaktivierungen und Schnellfahrstrecken

Zusammenfassung

Auch nach 1985 ebbte die Stilllegungswelle in Baden-Württemberg nicht ab. Insbesondere die weitgehende Aufgabe des Einzelwagenverkehrs im Rahmen von MORA C und die Verlagerung der herbstlichen Zuckerrübentransporte von der Schiene auf die Straße brach noch so mancher Nebenstrecke das Genick. Allerdings gibt es auch positive Entwicklungen. Durch die Bahnreform und den Übergang der Deutschen Bundesbahn in die privatrechtlich organisierte Deutsche Bahn fiel die Zuständigkeit für den Schienenpersonennahverkehr an die jeweiligen Bundesländer. Hier zeigte sich das „Autoländle“ Baden-Württemberg sehr aktiv, neben der Sicherung und Ausbau des Verkehrs auf stilllegungsgefährdeten Strecken sind auch mehrere Streckenreaktivierungen zu verzeichnen. Zudem gab es mit der Eröffnung der Schnellfahrstrecke (SFS) Mannheim – Stuttgart und dem abschnittsweisen Ausbau der SFS im Oberrheintal erstmals seit langem wieder Streckenneueröffnungen. Der Bau von Stuttgart 21 und der SFS Stuttgart – Ulm werden einschneidende Änderungen auf den Schienenverkehr in Baden-Württemberg (und darüber hinaus) haben.

 

Ausbau, Reaktivierungen und Elektrifizierungen

Die 1853 als Kompromiss zwischen Baden und Württemberg gebaute Westbahn von Bietigheim nach Bruchsal war aufgrund der Kurven und Steigungen schon lange ein Engpass im Deutschen Bahnnetz. Bereits im Bundesverkehrsplan 1973 wurde der Bau einer SFS Mannheim – Stuttgart vorgesehen, zwischen 1987 und 1991 wurde die mehr als 100km lange Strecke eröffnet. Seit 1993 folgen auch immer wieder abschnittsweise Eröffnungen von Streckenabschnitten der SFS zwischen Rastatt und Basel Bad. Bahnhof, die Fertigstellung auf Gesamtlänge wird sich aber noch viele Jahre hinziehen. Auch im Regionalverkehr gab es mehrere Streckenneueröffnungen, die aber meist nur wenige Kilometer umfassten. Im Rahmen des Stadtbahnkonzepts in Karlsruhe und Heilbronn gab es Streckenverlängerungen, in Sigmaringendorf und Laupheim wurden 1992 bzw. 2011 neue Verbindungskurven eingeweiht.

Neben den Neueröffnungen erfolgten auch einige Streckenreaktivierungen. Die abschnittsweise stillgelegte Strecke Stockach – Mengen wurde abschnittsweise reaktiviert und ist seit 2005 wieder durchgehend befahrbar, auf der stilllegungsgefährdeten Strecke Schorndorf – Rudersberg konnte zunächst der Verkehr gesichert werden und zwischen 1995 und 2010 sogar der bereits stillgelegte Abschnitt bis Welzheim abschnittsweise wieder reaktiviert werden. Durchschlagenden Erfolg hatten die Reaktivierungen der Strecken zwischen Böblingen und Dettenhausen (mittlerweile sogar elektrifiziert) sowie zwischen Tübingen und Herrenberg.

Die Elektrifizierung wurde ebenfalls weitergeführt, in den 80er-Jahren erhielten noch die Abschnitte Mannheim –Graben-Neudorf (1987) sowie Singen – Schaffhausen (1989) ihren Fahrdraht. Es folgten Crailsheim – Schwäbisch Hall – Backnang (1996), Öhringen – Heilbronn (2005), Wendlingen – Kirchheim/Teck (2009), Neckargemünd – Bad Friedrichshall (2009), Steinsfurt – Eppingen (2009), Meckesheim – Aglasterhausen (2010), Graben-Neudorf – Germersheim (2010), Bad Krozingen – Münstertal (2013), Erzingen – Schaffhausen (2013).

 

Stilllegungen

Größere Streckenstilllegungen bei der Deutschen Bundesbahn/Deutschen Bahn waren Laupheim – Schwendi (1986), Kirchheim – Weilheim/Teck (1986/1995), Göppingen – Maitis-Hohenstaufen (1986/1994), Schiltach – Schramberg (1991), Walldürn – Hardheim (1993), Wehr – Bad Säckingen (1994), Weil der Stadt – Calw (1995), Lauffen – Leonbronn (1995), Waldenburg – Forchtenberg (1995), Blaufelden – Langenburg (1996), Göppingen – Bad Boll (1997) und Ludwigsburg – Markgröningen (2005). Bei der privaten WEG wurden bis auf Nürtingen - Neuffen alle verbliebenen Strecken stillgelegt: Bad Friedrichshall – Ohrnberg (1993), Albstadt-Ebingen – Onstmettingen (1998), Vaihingen (Enz) – Enzweihingen (2002) und Gaildorf West – Untergröningen (2005), daneben traf es auch die Schmalspurbahn Möckmühl – Dörzbach, die dank Schülerverkehr und Rübentransport bis 1988 noch ihren Betrieb aufrecht erhalten konnte.